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In der Vergangenheit bin ich bereits des Öfteren mit der Aussage konfrontiert worden, dass Dynamics AX nicht in der Lage wäre einen HGB- bzw. „DATEV“-konformen Anlagenspiegel zu generieren. Viele Dynamics AX Partnerhäuser speziell im deutschsprachigen Raum haben daher eigene „HGB-/DATEV-konforme Anlagenberichte“ als Zusatzfunktionalität zu den im Standard von AX verfügbaren Berichten entwickelt und ihren Kunden bereitgestellt. Ob an der Nutzung solcher Erweiterungen grundsätzlich kein Weg vorbeiführt bzw. ob Dynamics AX tatsächlich keinen HGB-/DATEV-konformen Anlagenspiegel darstellen kann, soll in diesem Beitrag nachgegangen werden.

Hinweis: Aus Gründen der Darstellung und Lesbarkeit wird dieser Beitrag auf zwei Teile sowie einen Anhang aufgeteilt. Im ersten Teil wird hierbei auf die Schwachpunkte des Standard Anlagenspiegels, den notwendigen Einrichtungen und Systemanpassungen eingegangen, bevor im zweiten Teil anhand konkreter Beispiele die entsprechenden Ergebnisse dargestellt werden. Im erwähnten Anhang werden schließlich zusätzliche Informationen zu den verwendeten Buchungseinstellungen, Sachkonten, usw. bereitgestellt.

 

Hintergrund
Bevor ich in weitere Details in Dynamics AX einsteige, möchte ich an dieser Stelle zunächst auf die gesetzlichen Hintergründe sowie den Aufbau des erwähnten DATEV Anlagenspiegels eingehen. Aufgrund des durch das Bilanzrichtlinien-Umsetzungsgesetzes (BilRUG) weggefallenen §268 Abs. 2 HGB ergibt sich die gesetzliche Grundlage zur Aufstellung eines Anlagenspiegels nunmehr aus §284 Abs. 3 HGB. Dort heißt es:
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Betrachtet man sich dem vom Quasi-Standardsetter „DATEV“ öffentlich bereitgestellten Muster-Anlagenspiegel so kann man dort folgenden Aufbau erkennen, welcher den obenstehenden gesetzlichen Vorgaben entspricht.
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Vergleicht man die Struktur des DATEV-Anlagenspiegels mit der Struktur des Standard Dynamics AX Anlagenspiegels für Deutschland, so kann man – mit Ausnahme der geringfügig abweichenden Anordnung und Bezeichnung der Spalten – keinen wesentlichen Unterschied zwischen den beiden Anlagenspiegeln erkennen. Siehe hierzu auch den folgenden Screenshot, welcher neben dem standardmäßig vorgegebenen Spaltenaufbau eine vom Verfasser erstellte Beispiel-Zeilenstruktur des Standard Anlagenspiegels aufzeigt.
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Der Dynamics AX Anlagenspiegel erscheint vom Informationsgehalt aufgrund der unterschiedlichen Spaltenaufteilung von Anschaffungen, Abgängen und Zuschreibungen sogar etwas detaillierter als der DATEV Anlagenspiegel.

 

Schwachpunkte Standard Dynamics AX Anlagenspiegel
Die im vorstehenden Screenshot dargestellte Struktur des Dynamics AX Anlagenspiegels, welcher standardmäßig für deutsche Endanwender / Unternehmen zur Verfügung steht, weist trotz des etwas höheren Detaillierungsgrades im Vergleich zum DATEV-Anlagenspiegel die folgenden Schwachpunkte auf:

  • Schwachpunkt 1:
    Neue Anlagen werden nicht automatisch dem Anlagenspiegel hinzugefügt, sondern müssen manuell in der Einrichtungsmaske für den Anlagenspiegel ausgewählt werden, da die Nutzung von Platzhaltern (sog. „Wildcards“) nicht möglich ist.
  • Schwachpunkt 2:
    Die Zuordnung der Dynamics AX Anlagenbuchungsarten zu den verschiedenen Spalten des Anlagenspiegels ist fest im Programmcode fixiert und kann nicht von Endanwendern bei Bedarf modifiziert werden.
  • Schwachpunkt 3:
    Die Darstellung unterschiedlicher Zeilen-Strukturierungen des Anlagenspiegels z.B. für unterschiedliche Rechnungslegungs- bzw. Berichtszwecke wird nicht unterstützt.
  • Schwachpunkt 4:
    Der Anlagenspiegel besitzt keine Drill-Down Funktionalitäten.
  • Schwachpunkt 5:
    Häufig werden geleistete Anzahlungen für Sachanlagen sowie Finanzanlagen nicht im Dynamics AX Anlagenmodul abgebildet. Dies hat zur Konsequenz, dass der über das Anlagenmodul generierte Anlagenspiegel für Jahresabschlusszwecke unvollständig ist und außerhalb von Dynamics AX ergänzt/vervollständigt werden muss.

Wie diese Schwachpunkte behoben werden können, wird in den folgenden Unterkapiteln anhand zahlreicher Beispiele aufgezeigt. Aus Darstellungsgründen werden diese Beispiele sehr einfach gehalten und basieren alle auf einer Anlagengruppe, einem zugrundeliegenden Wertmodell und Anlagenbuchungen, die innerhalb eines Geschäftsjahres ausgeführt werden. Diese Einschränkungen ändern allerdings nichts an dem vorgestellten Lösungsansatz, welcher sehr einfach auf mehrere Anlagengruppen, Wertmodelle und Geschäftsjahre erweitert werden kann.

 

Lösungsansatz: Anlagenspiegel über Management Reporter
Der im Folgenden dargestellte Lösungsansatz basiert auf der Abbildung des Anlagenspiegels über den Management Reporter. Um diese Abbildung zu realisieren, sind die nachfolgenden Einrichtungsschritte erforderlich.

Schritt 1: Einrichtung Anlagenbuchungsprofil
Im ersten Schritt ist sicherzustellen, dass die Anlagenbuchungsprofileinstellungen so vorgenommen werden, dass für jede Buchungskombination bestehend aus Wertmodell, Anlagengruppe und Anlagenbuchungsart eigene Sachkonten eingerichtet werden. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass auch für Abgangstransaktionen (Verkauf, Verschrottung) eigene Unterkonten einzurichten sind, was darin begründet liegt, dass über den Management Reporter derzeit kein unmittelbarer Zugriff auf die Anlagenbuchungsarten besteht.

Hinweis: Die für die Darstellung dieses Lösungsansatzes verwendeten Beispiel-Buchungseinstellungen sind im Anhang-Beitrag dargestellt.

Schritt 2: Einrichtung Finanzdimensionen & Kontostrukturen
Um die verschiedenen Anlagengruppen und Sachanlagen in den Zeilen des Anlagenspiegels darstellen zu können ist es erforderlich diese entsprechend in AX mitzubuchen. Dieses Mitbuchen setzt voraus, dass die als sog. „Automatik-Finanzdimensionen“ eingerichteten Anlagengruppen und Sachanlagen in den Kontostrukturen hinterlegt sind.

Hinweis: Da wir uns im Bereich des Anlagevermögens befinden, ist es erforderlich die beiden Automatik-Finanzdimensionen der Anlagengruppe und der Sachanlage sowohl im Bereich der Bilanz- als auch im Bereich der Gewinn- und Verlustkonten (GuV) mitzubuchen. Siehe hierzu beispielhaft den folgenden Screenshot für die entsprechende Einstellung auf der Bilanzseite.
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Schritt 3: Automatische Hinterlegung der Finanzdimensionen Anlagengruppe & Anlagennummer
Um sicherzustellen, dass alle Sachanlagen sowohl mit ihrer Anlagengruppen-Finanzdimension als auch mit ihrer Sachanlagen-Finanzdimension gebucht werden, ist eine kleine Codeanpassung erforderlich die sicherstellt, dass bei der Neuanlage einer Sachanlage die beiden vorgenannten Finanzdimensionen automatisch vorbelegt werden.
Diese Codeanpassung, welche in den folgenden beiden Screenshots exemplarisch für die AssetBook Tabelle dargestellt ist, basiert auf der Einrichtung einer neuen Methode „SetFDFA“. Über eine entsprechende Erweiterung der insert Methode kann hierüber sichergestellt werden, dass die beiden Finanzdimensionsgrößen „Sachanlagennummer“ (FixedAsset) und „Sachanlagengruppe“ (FixedAssetGroup) automatisch bei der Neuanlage einer Anlage vorbelegt werden.

Hinweis: Zu beachten ist, dass die hier aufgezeigte Codeanpassung sowohl in der AssetBookTable als auch in der AssetTable umzusetzen ist.
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Ergebnisbeispiel nach Implementierung der Codemodifikation und der Anlage einer neuen Sachanlage. DE_40_0035
Hinweis: Aufgrund von automatischen Anlagenmodul-Transaktionen wie z.B. der Neuklassifizierung von Sachanlagen ist es nicht möglich die beiden Finanzdimensionsgrößen manuell auf Ebene der Wertmodelle der Sachanlagen zu hinterlegen.


Schritt 4: Notwendige Codeanpassung zur Abbildung von Neuklassifizierungen
Neben der im vorherigen Schritt aufgezeigten Systemmodifikation zur Vorbelegung der Finanzdimensionswerte ist eine weitere Systemmodifikation erforderlich die sicherstellt, dass bei Neuklassifizierungen von Anlagen – wie z.B. dem Übertrag einer in Bau befindlichen Anlage in eine neu erstellte Anlage – die korrekten Finanzdimensionen verwendet werden. Die folgenden Screenshots stellen diese Problematik, sowie den hierfür verwendeten Lösungsansatz vor.

Beispiel: Eine Sachanlage („FA0003“), die neben Anschaffungskosten in Höhe von 10000 EUR weitere Anlagenbuchungen/-Buchungsarten in Höhe von 500 EUR und einem aktuellen Buchwert von 9500 EUR aufweist, wird über die Neuklassifizierungsfunktion in eine neue Anlage überführt.
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Als Besonderheit ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass die neue Anlage „FA0004“ automatisch und ohne Möglichkeit eines Benutzereingriffs von Dynamics AX erstellt wird. Dies ist im vorstehenden Screenshot an dem ausgegrauten, d.h. nicht bearbeitbaren Feld der neuen Anlagennummer erkennbar.

Betrachtet man sich nach Durchführung der Neuklassifikation die Sachkontobuchungen der alten und neuen Sachanlage, so stellt man fest, dass alle Neuklassifikationsbuchungen mit der Finanzdimension der alten Anlage „FA0003“ durchgeführt wurden.
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Dieses Dynamics AX Standardverhalten ist natürlich für die Abbildung des Anlagenspiegels über den Management Reporter vollkommen unbrauchbar, da es hierdurch zu falschen Ergebnisdarstellungen auf Ebene der einzelnen Sachanlagen kommen würde.

Lösung: Der hier gewählte Lösungsansatz besteht in einer Erweiterung der AssetReclassification Klasse um die im folgenden Screenshot hervorgehobene Codezeile.
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Diese Anpassung stellt sicher, dass der Abgang der alten Anlage mit den Finanzdimensionen der alten Anlage und der Zugang der neuen Anlage mit den Finanzdimensionen der neuen Anlage durchgeführt werden. Dies wird im folgenden Screenshot nochmals beispielhaft aufgezeigt, welcher die Neuklassifizierungsbuchungen der Sachanlage „FA0005“ auf die neue Sachanlage „FA0006“ darstellt.DE_40_0060


Schritt 5: Einrichtung von Anlagenbuchungsjournalen für Neuklassifizierungen & Anlagensplits
Da Dynamics AX standardmäßig keine eigene Anlagenbuchungsart für Neuklassifizierungen und Anlagensplits kennt, ist es für die Unterscheidung dieser Buchungen von anderen Anlagenbuchungen erforderlich eigene Anlagenbuchungsjournale im Hauptbuch einzurichten. Über die Hinterlegung eigener Nummernkreise für diese Journale kann später im Management Reporter eine entsprechende Filterung eine Unterscheidung dieser beiden Anlagenbuchungsarten von anderen Anlagenbuchungen vorgenommen werden. Zu weiteren Details hierzu, siehe die nachfolgenden Ausführungen im zweiten Teil. DE_40_0065